Prä- und postoperative Segmentierung und virtuelles Stenting von Aneurysmen und Stenosen

Dr. Jan Egger

Die medizinische Bildverarbeitung hat in den letzten Jahren sehr an Bedeutung gewonnen, vor allem in den verschiedenen Phasen der Behandlung somatischer Erkrankungen. Bei Diagnose, Monitoring, Therapieplanung und Durchführung bis zur Kontrolle werden medizinische Entscheidungen durch Computer unterstützt.

In der Arbeit werden Beiträge zur computergestützten Behandlung von Gefäßerkrankungen – krankhafte Gefäßerweiterungen (Aneurysmen)und krankhafte Gefäßverengungen (Stenosen) – geleistet. Es wird bei operativen Eingriffen zur Behandlung dieser Gefäßerkrankungen zwischen zwei Verfahren unterschieden: der offenen und der minimal-invasiven (endovaskulären) Operation bzw. Behandlung. Der Schwerpunkt der Arbeit liegt auf der computergestützten Optimierung von endovaskulären Behandlungen.

Im Fall einer endovaskulären Behandlung ist es besonders wichtig, anhand der kritischen Patientendaten eine geeignete Prothese (Stent) möglichst akkurat und in kürzester Zeit auszuwählen. Dabei muss die Auswahl vor dem Eingriff erfolgen (präoperativ), da der Stent während der Operation nicht mehr ohne eine offene Operation gewechselt werden kann.

Ist ein Stent eingesetzt, sind regelmäßige Nachuntersuchungen erforderlich, um zum Beispiel das Auftreten von Löchern in der Prothese (Endoleaks)oder das Verschieben der Prothese (Stent Migration) rechtzeitig zu erkennen. Für die einzelnen Phasen von Diagnose, Therapieplanung und Kontrolle einer Gefäßerkrankung werden in der Dissertation verschiedene Methoden zur Segmentierung entwickelt und vorgestellt.

Mit ihnen ist es möglich, Aneurysmen und Stenosen vor und nach einem operativen Eingriff zu überwachen und den behandelnden Arzt bei diesen zum Teil sehr zeitaufwendigen Prozeduren zu unterstützen. Die unterschiedlichen Segmentierungsmethoden basieren auf den Verfahren der Aktiven Konturen, Active Appearance Models sowie einem graphbasierten Ansatz. Dabei hat der graphbasierte Ansatz die besten Ergebnisse geliefert, ein Prototyp zur klinischen Evaluation wurde bereits realisiert.

Die Behandlungsplanung wiederum wird durch eine rechnergestützte Simulation von Stents (virtuelles Stenting) vor dem Eingriff optimiert. Im derzeitigen klinischen Alltag wird ein Stent anhand von CT-Aufnahmen ausgewählt. Mit dem virtuellen Stenting aus der Arbeit können verschiedene Stents zusätzlich in den realen Patientendaten aus der klinischen Routine simuliert werden. Dabei wird ersichtlich, ob der ausgewählte Stent die passenden Dimensionen hat und bei der Operation zum Einsatz kommen sollte. Die Stent-Simulation beruht auf dem Verfahren der Aktiven Konturen im Dreidimensionalen und ist sowohl für nicht verzweigte als auch für verzweigte Stents (Y-Stents) geeignet. Unter anderem werden für eine realistische Simulation die bei Y-Stentsauftretenden Kollisionskräfte in der Verzweigung berücksichtigt. Außerdem wurde ein Ansatz für das virtuelle Stenting im Karotisbereich entwickelt, der ein elastisches Verhalten der Gefäßwand bei einer Stent-Expansion modelliert.

Weiterhin ist im Bereich der rechnergestützten Simulation ein Verfahren zur Simulation eines Katheterpfades entstanden. Der Katheterpfad wird hierbei in zwei Schritten bestimmt. In einem ersten Schritt wird ein initialer Pfad mit einem modifizierten Dijkstra-Algorithmus zur Bestimmung des kürzesten Pfades zwischen zwei Punkten berechnet. In einem zweiten Schritt wird dann dieser Pfad mit einem Aktiven Konturmodell innerhalb des Gefäßes ausgerichtet.

Diese verschiedenen Verfahren werden in der Arbeit im Detail vorgestellt und anhand von Phantomdaten und realen Patientendaten evaluiert. Außerdem werden die klinischen Prototypen präsentiert, die auf den Verfahren aufbauen. Die Arbeit wurde betreut von Prof. Dr. Bernd Freisleben (Uni Marburg). Die vollständige Arbeit lässt sich herunterladen: https://archiv.ub.uni-marburg.de/diss/z2009/0465/ Dr. rer. nat. Jan Egger studierte Informatik an der Fachhochschule Wiesbaden (Diplom) und an der Hochschule Darmstadt (Master). Masterarbeit und Dissertation entstanden in Kooperation mit Siemens Healthcare in Forchheim/Bayern, einschließlich eines sechsmonatigen Forschungsaufenthaltes in Princeton/USA. Er ist wissenschaftlicher Mitarbeiter von Prof. Dr. Christopher Nimsky, Leiter der Klinik für Neurochirurgie der Universität Marburg.